Magdalena Eriksroed-Burger

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Kulturelle Positionen und kreative Positionierungen. Akteurinnen* im künstlerischen Feld in Prag (1918-1938)


Begleitmaterial zur Posterausstellung GENIAL-forschen (2025)


Weitere Informationen zum Hintergrund und zur Methode sind im Poster der ersten GENIAL-Ausstellung (2022) zusammengefasst:

 Abbildungsverzeichnis zum aktuellen Poster 2025

(im Uhrzeigersinn)
Künstlerhaus, Rudolfinum
Tomáš Vojta: Künstlerhaus, Rudolfinum (o.J.). Archiv der Hauptstadt Prag (AHMP), Mediensammlung, Sign. I 4707. Online unter: https://katalog.ahmp.cz/pragapublica/permalink?xid=A0C506FEB67611DF820F00166F1163D4&scan=2#scan2 [10.07.2025]

Gemeindehaus
Obecní dům (o.J.). Kultura.cz. Online unter: http://www.kultura.cz/profile/26459-obecni-dum [10.07.2025]
Anna Roškotová
1. Porträt. Zeitungsausschnitt (o.J.). Archiv der Nationalgalerie Prag (NGP), Fond Minka Podhajská 29/NAD 91, Sign. AA 2406, kart. 1.
2. Trnava. Aus dem Zyklus "Slowakei" (um 1935), Aquarell.
In: Roškotová, Anna et al.: Sborník Kruhu výtvarných umělkyň, Praha 1935, S. 94.

Verein deutscher Malerinnen
Ausstellungsplakat Verein deutscher Malerinnen (Krasoumná jednota, 12.-29. Februar 1937). Archiv NGP, Plakatsammlung APL 372.
Mary Duras
Mary Duras bei der Arbeit für die Skulptur Eva, 1929-1930. Foto: Mary Duras-Archiv. Galerie Klatovy Klenová. Online unter: https://www.gkk.cz/uws_images/vystavy/2015/duras/mary-duras-eva-1929--1930.jpg [10.07.2025]

Topičův Salon
Valerija Hachla-Myslivečková: Schmuck (um 1925).
In: Ženský svět 29/7-8 (20.04.1925), S. 109.

Kommentar zum Diagramm "Frauen* in Prager Ausstellungen 1926-1935"

Das Diagramm basiert auf den Erhebungen des Statistikamtes der Stadt Prag, das jährlich Angaben zu den Ausstellungslokalitäten, den Vereinen, Künstlerinnen und Künstlern sowie ausgestellten Kunstwerken erhoben hat. Im Bericht von 1937 findet sich zudem eine umfassende Gesamtübersicht über die Jahre 1926 bis 1935. Dargestellt ist der Anteil der Frauen von allen Personen, die während dieses Zeitraums zumindest einmal in Prag aktiv an einer Ausstellung teilgenommen haben, wobei jede Person nur einmal gezählt wurde. Die absolute Anzahl der Frauen ist in der Tabelle einzeln pro Jahr ausgewiesen (vgl.XXX)

Gründe für die Schwankungen des Frauenanteils
Bei der Betrachtung des Diagramms fallen die starken Schwankungen des Frauenanteils ins Auge. Aufschluss dafür geben sowohl die Berücksichtigung der männlichen Beteiligung am Ausstellungsbetrieb als auch die genauere Betrachtung der jeweiligen Ausstellungsaktivitäten der Frauen.

Männliche Beteiligung am Prager Ausstellungsbetrieb
Die folgende Abbildung (rechts oben) zeigt das Verhältnis von Männern und Frauen in den absoluten Teilnehmendenzahlen. Insgesamt wird ein Zickzack-Muster ersichtlich, wobei der langfristige Trend steigend ist. Der Frauenanteil schwankt in absoluten Zahlen gesehen sehr viel weniger, als jener der Männer. Daraus ergibt sich eine Erklärung für den  vermeintlichen Ausreißer von 1927: In jenem Jahr haben insgesamt sehr viel weniger Männer am Ausstellungsbetrieb teilgenommen. 

Da die absolute Anzahl der Ausstellungen allerdings höher ist als z.B. in den Jahren 1926 bzw. 1928-1930, wird deutlich, was das Diagramm eigentlich zeigt: die Varianz der Künstlerinnen und Künstler. So haben die gleichen Künstlerinnen und Künstler möglicherweise mehrfach an verschiedenen Ausstellungen teilgenommen. Eine alternative Erklärung wäre, dass die Ausstellungen insgesamt kleiner, also mit weniger Beteiligten stattgefunden haben.
Das Jahr 1927
Tatsächlich hat im Jahr 1927 die große, vom Nationalen Frauenrat organisierte Ausstellung mit dem Titel "Žena a umění" ("Frau und Kunst", Radiotrh, 28.05.1927-12.06.1927) stattgefunden. Sie wurde unter der Leitung der Vorstandsmitglieder des Kruh výtvarných umělkyň  anlässlich des Besuchs der Internationalen Allianz für Frauenwahlrecht, der Kleinen Frauen Entente und der ersten Exkursion der Tschechisch-Amerikanischen Frauen nach Prag veranstaltet. Insgesamt waren 49 Künstlerinnen daran beteiligt, also die Hälfte aller Frauen (n=98), die in diesem Jahr in Prag ausgestellt haben.

Kollektivausstellungen der Künstlerinnenvereine
Überhaupt bildeten die beiden Künstlerinnenvereine Verein deutscher Malerinnen und Kruh výtvarných umělkyň zentrale Plattformen für die Künstlerinnen in Prag. So zeigt das Jahr 1932 beispielsweise den geringsten relativen Frauenanteil an den Prager Ausstellungen - und auch in absoluten Zahlen die geringste Beteiligung während dieser Periode (n=32). In diesem Jahr hat auch keiner der beiden Künstlerinnenvereine eine Ausstellung in Prag veranstaltet - im Gegensatz zum Jahr davor. Die absolute Anzahl der Künstlerinnen war im Jahr 1931 daher auch mehr als dreimal so hoch (n=101).

Erweiterte Ausstellungslokalitäten
Ab dem Jahr 1931 zeigt sich überhaupt (bis auf 1932) ein konstant höheres Niveau der absoluten Anzahl von über jeweils 100 verschiedenen Künstlerinnen in den Prager Ausstellungen. Dies hängt auch mit den erweiterten Ausstellungsmöglichkeiten zusammen, da ab den 1930er-Jahren vermehrt private Galerien wie die Galerie Dr. Hugo Feigl eröffnet wurden, die regelmäßig Ausstellungen von Künstlerinnen zeigten. Deswegen nahmen ab diesem Zeitpunkt auch die Einzelausstellungen von Künstlerinnen zu, was sich in meiner Datenbank widerspiegelt.

Zusammenhang Frauenanteil und Ausstellungen
Tatsächlich gibt es einen sehr schwach positiven, allerdings überhaupt nicht signifikanten Zusammenhang zwischen dem Frauenanteil und den Ausstellungen.

Fazit
Die statistischen Erhebungen sind eine interessante Quelle kunst- und kultursoziologische Quelle, die über die qualitative Analyse einzelner Dokumente hinaus auf gewisse Trends aufmerksam macht, die jedoch erst durch die Kontextualisierung und Berücksichtigung weiterer Quellen erklärt werden können.